2018

Ursprung und Lichtung

Installation in Het Kloosterhuis, Boxmeer

Birgit Cauer

Ursprung und Lichtung. Altar, Taufbecken und Fensterbild (Diaphanie)

Alle Fotos: Willem den Hartigh

 

In der Installation „Ursprung und Lichtung“ für die entweihte Kapelle des Het Kloosterhuis in Sambeek reflektiere ich meine Haltung zu Kunst, Wissenschaft und Glauben. Das große Fensterbild und die Zeichnungen sind während meines zweimonatigen Stipendiums in Nord-Norwegen entstanden.

 

Eine der zentralen Fragen, die mich immer wieder umtreibt, ist die Frage nach der Entstehung des Lebens. Die Antwort habe ich als Stein-Bildhauerin nicht allein in der organischen Welt gefunden, sondern sie vor allem in der anorganischen gesucht und gefunden. Insbesondere Steine gehören zu meinem Begriff des Lebens, denn sie tragen selbst schon die Spuren des Lebendigen in sich.

Davon ausgehend bin ich in den letzten Jahren künstlerisch in die Geheimnisse der Erdgeschichte und den elementaren biologischen Prozessen vorgedrungen. Den leitenden, philosophischen Grundgedanken hat die Direktorin des Georg-Kolbe-Museums, Dr. Julia Wallner einmal so versucht zu beschreiben: „Was trennt uns? Was verbindet uns? Sind wir im Kern gleich wie ein Anderer, wie etwas Anderes? Wo hat die Differenz allen Seins ihren Ursprung?“

 

Ich sehe das Universum als ein Ganzes, als eine sich entfaltende Schöpfung durch alle Beteiligten – den Galaxien, Sternen, Planeten, dem Licht, den Steinen, Mineralien, Zellen…das alles zusammen führt zum Leben...und zu der Welt so, wie sie ist.

Dies repräsentiert das große Lichtbild - die Diaphanie: Ursprung und Lichtung, die ich extra für die Kapelle des Kloosterhuis geschaffen habe: Es zeigt meine wissenschaftlichen Studien von der Entstehung der Welt – über den Urknall, die schwarzen Raucher (Black Smokers) in den Tiefen des Ozeans und den ersten prokaryotischen Zellen. Aber auch das Unwissen: was war vor allem? Nichts? Wir wissen es nicht. Hier verbinden sich die wissenschaftlichen Forschungen und der Glaube...

 

Mit diesem Gedanken habe ich auch drei Altarsteine im Sinne von „Alta Terra“ seitlich im ehemaligen Altarraum und einen „Taufstein“ gesetzt. Zum Altar werden hier drei Marmor- bzw.Schieferplatten, deren versiegelte Oberflächen aufgebrochen wurden und jetzt die Mikrostrukturen des Lebens darbieten:   Backbone einer Proteinkette in weißem Marmor (Civic), Laubblattzellen in rosa Marmor (Estremosz) und Pflanzenzellen mit Chloroplasten in Doritschiefer (Alpengrün). An der Stelle des Taufsteins habe ich einen Travertin mit einer eingearbeiteten Oberfläche des Proteins 1EFN, und dem hörbaren Lauf des Wassers durch einen MP3 Player platziert: Der Travertin ist über die Jahrmillionen durch Kalkausfällungen über organischem Material entstanden und birgt somit in sich selbst das organische wie das anorganische, das Lebendige und das Tote.  Er steht für die Ganzheit des Universums und des Daseins. An diesem Ort wird durch die Taufe die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft manifestiert.

 

Im Hauptraum der Kirche sind gegenüber den Stationen des Kreuzgangs 3 Zeichnungen, die die Ursprünge beschreiben.

 

Die Installation Ursprung und Lichtung entstand im Rahmen von Kunst van het Geloven - Kunst des Glaubens, 6. Ausgabe, Ein Kunstprojekt in Kirchen und Kapellen in Boxmeer, Niederlande vom 25.8. bis 9.9.2018